Trachtenkronen in vielen Regionen
Im ländlichen Bereich hat sich mancherorts der Brauch, Kronen als Festtagsschmuck zur Tracht zu tragen, bis in die heutige Zeit erhalten. Glitzernden, mit Drähten zusammengefügten Kopfschmuck gibt es in fast allen Kulturkreisen weltweit. Auch in Asien, im Orient, bei den nordischen Völkergruppen sowie allen slawischen Völkern finden sich kronenartige Kopfbedeckungen meist für unverheiratete Mädchen oder als Brautschmuck insbesondere. Die Formen variieren zwar, Fertigungsweisen und Material sind sich dennoch sehr ähnlich. Auffällig ist, dass fast immer die Kronen auf roten Bändern fixiert werden.
Kleine Geschichte der Trachtenkronen
Heute noch vorhandene historische Trachtenkronen sind oft nicht älter als 200 Jahre, nachweisbar ist dieser Brauch aber wesentlich länger. Bereits im Mittelalter werden Kränze für festliche Anlässe, von unverheirateten Mädchen und Bräuten getragen, beschrieben.
Selten wurden sie von den Trägerinnen selbst gefertigt, denn es benötigt viel handwerkliches Geschick und Übung, um aus Metallflittern, Stoff- und Papierblumen, Perlen und Pappe passende Trachtenkronen herzustellen. In den meisten Weltregionen wurde und werden die Kronen von bestimmten Familien vor Ort oft seit vielen Generationen gefertigt und die Trachtenträgerinnen bzw. deren Familien gaben und geben sie dort in Auftrag. Die meisten dieser Hersteller waren Autodidakten – es gab keinen diesbezüglichen Ausbildungsberuf, denn das Hut- oder Putzmacherhandwerk beinhaltet gänzlich andere Herstellungstechniken als es die Fertigung von Trachtenkronen erfordert.
Warum bestimmte Familien oder Einzelpersonen sich auf dieses „inoffizielle“ Handwerk verstanden hat zum Einen wohl damit zu tun, dass es immer wieder Menschen mit besonderem Geschick für diese außergewöhnlichen Arbeiten gab – oft handelte es sich aber auch um ärmere Familien, die sich so etwas dazu verdienen konnten. Somit ist die Qualität der Kronen je nach Region sehr unterschiedlich. Je ärmer eine Gegend war, desto reduzierter und einfacher das Material. In waldreichen Regionen, wo das Glasbläserhandwerk viel verbreitet war, gab es eher sehr viele Glaskugeln und wenig Metallflitter, während beispielsweise in Nürnberg bereits seit der Renaissance ein ausgeprägtes Messingzieherhandwerk ansässig war, weshalb im Umland mehrheitlich und in großer Vielfalt Messingflitterzeug und weniger Glaskugeln in den Trachtenkronen verarbeitet wurden. In sehr armen Regionen wiederum überwiegen Wollbommeln, Stoff- und Papierblumen wie beispielsweise in der Rhön oder der Lüneburger Heide.
Trachtenkronen und Klischees
Oftmals wurden die Kronen in alten Berichten als „güldene Kränze“ bezeichnet, weshalb sich bis heute das Gerücht hält, sehr reiche Bauern und Handwerker hätten ihren Töchtern echt goldene Flitterkronen machen lassen. Das Wort „gülden“ bezieht sich hier auf den goldenen Glanz der Messingflitter, die vor allem dem echten Gold sehr ähnlich sehen, wenn sie neu aus der Messingfolie gestanzt sind. Meist sind auch die sogenannten granatenen Perlen nur auf die dunkelrote Farbe der Glasperlen bezogen. Dennoch gab es im 18. Jahrhundert ein kurzes Zeitfenster, wo echte geschliffene Granatperlen günstiger waren, als gläserne rote geschliffene Perlen, deren Produktionsweise noch sehr aufwändig und elementar war. Deshalb gab es tatsächlich sehr alte Kronen aus dem 18. Jahrhundert, wo echte Granatsteine aus diesem Grund mit verarbeitet waren.
Sehr verbreitet ist nach wie vor die Ansicht, nur Bräute trugen solche Kronen, weswegen es falsch wäre, bei Trachtenfesten so viele Bräute „revuelaufen zu lassen“. Grundsätzlich aber – weltweit – sind die Trachtenkronen immer Festtagstracht für ledige Mädchen bis zum Tage ihrer Hochzeit gewesen. In wenigen Gegenden bekam die Braut aber eine etwas anders geformte Krone zur Hochzeit auf. Da dies aber bedeutete, dass man ja noch eine weitere haben musste, war das in eher sehr reichen Gegenden und auch sehr selten üblich. Außer der Brauch gab vor, dass die Kirchengemeinde diese dann zum Ausleihen bereit hielt.
Die weit verbreitete Bezeichnung „Brautkrone“ ist daher sehr irreführend und wurde von Volkskundlern im 19. Jahrhundert erfunden. Tatsächlich heißen sie in keinem deutschen Dialekt und darüber hinaus so. Die hochdeutsche Bezeichnung „Trachtenkrone“ trifft daher den Inhalt besser ist aber in den Regionen so auch nicht üblich. Je nach dem heißen sie z.B. „Kranzerl, Kranerl, Schapel, Schäpel, Rollkranz, Flimmerleskranz, Hoher Kranz, Flunkkranz etc.
Alter Trachtenkopfschmuck – auch heute wieder modern
Im 21. J ahrhundert ist das Fertigen von Trachten nach historischen Vorbildern oft nur noch sehr schwierig umsetzbar. Viele der bis vor dem 2. Weltkrieg hergestellten Materialien gibt es nicht mehr und die dazu nötigen Maschinen und Handwerkstechniken sind nicht mehr existent. Zugleich begeben sich viele Menschen im Zuge der Globalisierung auf die Suche nach der eigenen regionalen Identität. Seit einigen Jahren wächst daher wieder das Interesse an der Pflege einer regionalen Trachtenkultur. Dabei gibt es sehr unterschiedliche Herangehensweisen: Während man beispielsweise in Lateinamerika und Asien mutig Lurexstoffe und Kunststoffpailetten mit historischen Handarbeitstechniken bei der Herstellung der Trachten bzw. der Trachtenkronen vermischt, versucht man mehrheitlich in Europa wenn irgend machbar, traditionelle Materialien zu verarbeiten. Mit viel Liebe und Idealismus entstehen so neue Trachten, die ihre Fans haben. In Westeuropa trägt heute niemand mehr Tracht, um in eine regionale Gemeinschaft eingebunden sein zu dürfen. Dennoch macht es immer mehr Menschen Freude, zu festlichen Anlässen wieder ihre Regionaltracht auszuführen.
Wer sich noch intensiver für dieses Thema interessiert, findet viele weitere Informationen und Bilder unter www.flitterkraenze.de